Der Abgeordnete der Linken in Altona; Robert Jarowoy kandidiert als Direktkandidat für den Bundestag.
24.09.2020

Robert Jarowoy, 1952-2020

Foto: Miguel Ferraz

Ein Mensch, so wie wir ihn uns in der Lokalpolitik wünschen: Als 2009 mit dem Widerstand gegen die Ansiedlung von Ikea in der Großen Bergstraße auch unser Kampf um ein Haus in Selbstverwaltung begann, war Robert Jarowoy einer der wenigen aus der Bezirkspolitik, die uns unterstützt haben. Robert hat bei seiner Partei – Die Linke – dafür geworben, unsere Initiativen zu supporten, er hat Plakatflächen organisiert, mit uns Flyer verteilt und dafür gestritten, dass Altona nicht den Investoren überlassen wird. Als langjähriger Vorsitzender des Bauausschusses in Altona wusste er viel darüber, was im Stadtteil in Sachen Immobiliengeschäft vor sich geht – und gleichzeitig stand er als Vertreter der linken Opposition meist allein gegen SPD, Grün und CDU, wenn es um Stadtentwicklungsfragen ging. Er hatte die guten Argumente, „aber natürlich haben sie mich wieder überstimmt“, pflegte er zu sagen. Aus dem Stegreif hielt er, wenn wir ihn zufällig in der Ottenser Fußgängerzone trafen, Vorträge über die Bahnhofsverlagerung, die Zeise-2-Bebauung oder Spekulation mit dem Holsten-Areal – während er nebenbei noch Unterschriften für einen Mietenbremsen-Volksentscheid oder gegen Baumfällungen sammelte. Robert war der street fighting man von Hamburg-Altona, schon von weitem an seinem weißen Schopf und Rauschebart zu erkennen.

Foto: Hinrich Schultze

 

Was er wusste und ahnte über die lokalen Politik-Ränke verarbeitete er in seinen Altona-Krimis („Das Diebsteich-Komplott“, „Chinagate Altona“ u.a.), der er höchstpersönlich in die Buchhandlungen brachte. Robert war in den Siebzigern Teil der „Bewegung 2. Juni“ und verbrachte sieben Jahre im Gefängnis, zum Teil in Isolationshaft. Nach der Haft verfasste er den Roman „Die Prinzessin und der Schnellläufer“ – auch um den damaligen linken „Heroismus und das Unvermögen einander diesbezüglich verstehen zu können“ zu reflektieren – was ihm in der Szene den Vorwurf eingebracht hat, er schreibe „Anarchosülze“. „Man kann sagen, dass ich mich von der Anarcho- zur Kommunalsülze bewegt habe“, schreibt er selbst über seine Altona-Krimis, „wobei ich dann bei Voltaire angelangt bin, der sein Candide damit enden lässt, dass man sich bescheiden und seinen Garten bestellen solle. Notfalls auch nur einen Kleingarten, würde ich hinzufügen.“ Tatsächlich waren die Gärten, die Robert bestellt hat, alles andere als klein. Er war immer ansprechbar – für die Detailfragen der kommunalen Politik wie für die großen Fragen weltweiter Proteste und Kämpfe – sein jahrzehntelanges Engagement für die kurdische Befreiungsbewegung ist Zeuge dessen. Zweieinhalb Jahre nach dem Tod seiner geliebten Gefährtin Beate ist er am 21. September 2020 nach einem längere Krebsleiden gestorben. Wir werden ihn vermissen.

Robert Jarowoy 2011 bei einer Aktion von "Lux & Konsorten", einer der Vorgänger-Organisationen der fux eG Foto: Theo Bruns

Robert Jarowoy 2011 bei einer Aktion von „Lux & Konsorten“, einer der Vorgänger-Organisationen der fux eG Foto: Theo Bruns